Mitochondriale Krankheiten

Eine zusammenfassende Übersicht zum Thema, mit Hinweisen auf weiterführende Informationen.

mitoGENE

 

Mitochondrien sind semiautonome Kraftwerke der Zelle. Sie besitzen ein eigenes Genom (mtDNA), das neben dem Kerngenom für einen Teil ihrer Proteine kodiert. Die mitochondrial kodierten Proteine werden auch mitochondrial transcribiert, translatiert und synthetisiert. Wichtige in den Organellen lokalisierte Stoffwechselwege, wie die ß-Oxidation und der Carnitin-abhängige transmembranäre Transport von Fettsäuren, der Krebszyklus und die Atmungskette dienen der Energiegewinnung und sind somit essentiell für die Vitalität der Zelle. Die große Variabilität der mitochondrialen Erkrankungen ist bedingt durch unterschiedliche Art und Lokalisation der zugrundeliegenden Gendefekte, sowie durch variierende Organmanifestationen. Deshalb sollen mit dem Begriff der „mitochondrialen Krankheiten“ im engeren Sinne all diejenigen klinischen Entitäten zusammengefaßt werden, die aus strukturellen und funktionellen Störungen der in den Mitochondrien lokalisierten Atmungskette (oxidativen Phosphorylierung) entstehen.

Im Kindesalter resultieren daraus meist schwere Verläufe (rasch progrediente Systemerkrankungen mit vorwiegender Beteiligung des ZNS und der Muskulatur)  mit u.U. ungünstiger Prognose (Anfallsleiden, „floppy infants“, fatale infantile Myopathien und Kardiomyopathien). Bei Manifestation im späteren Lebensalter entwicklen sich ophthalmologische, neuromuskuläre und neuroendokrine Erkrankungen wie Leber’sche Optikusatrophie, chronisch progrediente externe Ophthalmoplegie, Friedreich’sche Ataxie, Kardiomyopathie, Diabetes mellitus; eine Beteiligung bei M.Parkinson wird diskutiert. Mitochondriale Stoffwechselstörungen werden u.a. auch für das Phänomen des Alterns verantwortlich gemacht.

Die ursächlichen Gendefekte reichen von sporadisch auftretenden aber auch rein maternal vererbten Punkt- und Längenmutationen der mtDNA über autosomal dominant bzw. rezessiv vererbte Formen bei Veränderungen im Kerngenom. Außerdem wird diskutiert, daß Veränderungen in der mtDNA auch bei polygenen Erkrankungen mit komplizierten Erbgängen eine Rolle spielen.

Besonderheiten dieser Erkrankungen sind die Vielfältigkeit ihrer klinischen Bilder, die Komplexität der Diagnostik und die bisher nur beschränkt vorhandenen Therapieansätze. Es ist anzunehmen, dass ein nicht unerheblicher Teil der für diese Erkrankungen verantwortlichen Gendefekte erst entdeckt werden muß.